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Ankunft in Martinique

Wohin soll es als nächstes gehen?

Jede Geschichte, die man so liest, hat einen strukturierten Beginn. Das Leben ist meiner Erfahrung nach eher nicht so.

Ich habe einen Arbeitgeber, bei dem die Regel gilt dass bis zum Ende des Jahres alle Überstunden und jeglicher Urlaub abgebaut (seltsames Wort) sein sollen. Ende letzten Jahres ging auf der Arbeit irgendwie die Welt unter und mir war es nicht möglich meinen Urlaub zu verbrauchen.
Wo sollte es nun eigentlich hin gehen? Gute Frage. Ein Blick in meinen Reisepass teilte mir mit dass dieser schon balde ablaufen würde. Einen neuen Pass zu beantragen zieht immer einiges an ungewollten Kosten mit sich. Der höchste Preis, den man hierbei bezahlen muss, ist es sich ins Bürgerbüro zu setzen und darauf zu warten dass man sein Formular ausfüllen kann und einen Pass bekommt. Dazu kommt dass man bis zu 6 Wochen darauf warten muss dass der Pass fertig ist. Ich unterstelle mal dass die Chinesen in der Zeit eine ganze Autobahn gebaut bekommen.
Ein abgelaufener Reisepass hat natürlich auch einen Einfluss auf das Urlaubsziel. Das Ziel muss Teil der EU sein.
Ich schreibe hier bewusst nicht Europa, denn EU und Europa sind nicht identisch. Die Schweiz ist Teil von Europa, aber nicht Teil der EU.
Die Honeymooners hatten ein paar Jahre vorher ein ähnliches Problem. Um im Herbst zu einem warmen Ziel zu kommen haben sie sich für Martinique entschieden. Diese karibische Insel ist Hoheitsgebiet von Frankreich und damit Teil der EU. Mehr musste ich nicht wissen. Die Alternative wäre es gewesen im regnerischen Deutschland zu bleiben und mir meine Baustelle von innen anzuschauen

Martinique ist relativ groß. Kurzzeitig hatte ich sogar die Idee einen Französischkurs zu buchen um endlich die Sprache zu lernen. Am Ende habe ich mich aber aus Entspanungsgründen dagegen entschieden. Hotels scheint es auf der Insel eher wenig zu geben und um nicht Kleidung für 2 Wochen mitnehmen zu müssen habe ich mich mal wieder für AirBnB entschieden. Eine kleine Wohnung im schönen Schoelcher sollte es dann werden. Was klingt besser als Aussicht auf den Strand?

Von München aus kommt man nur über Paris, mit AirFrance, nach Martinique. Genau zu dem Zeitpunkt, zu dem auch mein Flug stattfinden sollte, begannen die Gelbwesten mit ihren Protesten in Paris. Da ich von CDG nach Orly umsteigen musste, hat mich das ein wenig nervös werden lassen. Am Ende lief aber alles glatt, da ich den Shuttlebus nehmen konnte. Mit Handgepäck zu reisen hat den Transfer sogar noch schneller gemacht, auch wenn es in CDG mal wieder eine Absperrung im Flughafen gab.

Le Bus Direct bringt mich tatsächlich ohne Probleme von einem Flughafen zum nächsten. Hier gilt wirklich Sylvia und Andreas einiges an Dank, ich hätte nicht gewusst dass es den Bus überhaupt gibt.
Orly ist tatsächlich eine andere Klasse an Flughafen. So alt Charles de Gaulles auch ist, es ist der wichtigste Flughafen Frankreichs. In Orly muss ich meinen Rucksack in eine Plastiktüte einwickeln, warum auch immer, und ewig warten bis sich jemand genügt das Problem der „automatischen“ Gepäckaufgabe zu fixen.
Der Sicherheitsbereich ist dann nicht nur heillos überfüllt sondern auch bar von Ablenkung. Ich verbringe ein bisschen Zeit bei Youtube und beginne irgendwann die Menschen um mich herum zu beobachten.

Orly – Flughafen Buchladen

Der Flug von Paris nach Fort de France ist tatsächlich relativ ereignislos. Das ändert sich in dem Moment in dem wir auf Martinique ankommen. Es ist bereits abends und die Sonne wird bald untergehen. Wenn ich Glück habe schaffe ich es mein Auto abzuholen und noch im Hellen nach Schoelcher zu fahren. Ich bin kein besonders entspannter Nachtfahrer. Wie erwartet interessiert sich keiner für meinen Pass, als ich in Martinique „einreise“.
In der kleinen Ankunftshalle steht die Luft und es ist wie erwartet sehr warm. Alle warten geduldig auf ihr Gepäck und wie auf jedem anderen Flughafen dreht hier ein Koffer seine Runden ohne je mitgenommen zu werden. Ob das ein Test ist?
Die Zeit lässt sich super nutzen um von einer Jeans in eine Short zu wechseln. Irgendwann bleibt das Gepäckband stehen und ohne eine Ansage, die Licht ins Dunkel gebracht hätte, breitet sich Unruhe aus. Das Band fährt wieder los, ein neuer Koffer taucht auf, das Band geht wieder aus, ein Tor geht runter und die Verwirrung wächst bei allen wieder an. Dieses Spiel zieht sich für eine dreiviertel Stunde weiter. Nach und nach werden alle Koffer einzeln auf das Band gelegt. Als ich endlich meinen Rucksack bekomme ist noch die Hälfte der Passagiere in der Halle. Die ursprüngliche Entspannung mit der ich hier angekommen bin ist verflogen.
Vor der Halle tanzt eine Gruppe einen typisch karibischen Tanz mit Musik, die zu einem Rum-Werbespot passen würde.
Die Sixt Autovermietung ist tatsächlich gar nicht weit weg und es sind auch nur 3 Personen vor mir dran. Ich komme bestimmt bald dran. Leider erfüllt sich auch diese Hoffnung nicht, jeder der vor mir dran ist braucht zwischen 30 und 45 Minuten bis er aus dem kleinen Büro, das in einem Container untergebracht ist, wieder raus kommt. Die Stimmung der Menschen um mich herum wird langsam gereizt. Was sehr bald klar wird ist dass die meisten Leute um mich herum Deutsche sind, der Akzent ist sehr offensichtlich. Teilweise unterhalten die Pärchen sich miteinander in Deutsch um dann auf Englisch umzuschalten wenn sie wieder mit ihrem Nachbarn streiten.
Eine dicke karibische Dame nimmt mich nach ca. 1 1/2h in Empfang. Ich lasse mich nicht auf Smalltalk ein. Sie erklärt mir dass sie mir ein großes Auto gibt, worauf ich ihr sage dass das eher Verschwendung sei und ich doch lieber ein kleines möchte.
Ihre Antwort ist „Dann bin ich aber traurig.“
Ich bin so perplex dass ich darauf nichts zu antworten weiß.
Das Shuttle fährt mich zum Parkplatz und ich nehme meinen neuen Fiat 500L in empfang. Ist das das Prinzip „großer Fisch in einem kleinen Teich“? So groß ist das Auto eigentlich nicht.

Mittlerweile ist die Sonne untergegangen und ich fahre im Dunkeln durch Fort de France auf den Weg nach Schoelcher. Ich kann auf der kurvigen Autobahn nicht viel erkennen, aber die Schlaglöcher lassen nichts gutes erahnen.
Als ich ankomme scheint der Ort auf den Beinen zu sein. Ein großer Parkplatz am Strand bietet vorläufigen Platz für mein Auto und vor ihrer Wohnung nimmt mich Gina, meine Vermieterin in Empfang.
Einmal noch kurz umgeparkt und der Tag findet für mich ein Ende, ich bin endlich im Urlaub angekommen.

Schoelcher Sonnenuntergang
Martinique – Urlaubsstimmung